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Rückblick 2018 – Ausblick 2019

Ein Marktbericht von Arndt Kümpel

2018 war schon ein Jahr der Überraschungen. Überraschend war, was passierte, aber auch, was (noch) nicht passierte. Denn viele Trends und Indikatoren liefen in historische Extrembereiche, und man hätte durchaus deutlich stärkere Brüche und Trendwechsel erwarten können. Jedoch: Erst mehrere Trendbrüche auf kleiner Skale ergeben einen auf größerer. Ein Ausblick auf das Jahr 2019 hat deshalb auch das Ziel, diese größeren Trendwechsel auszumachen.

 

Makroökonomisch war das Jahr 2018 in den USA geprägt von einer weiteren geldpolitischen Normalisierung durch die US-Notenbank mit einer sukzessiven Anhebung der FED-Funds-Rate und einem leichten Abbau ihrer Bilanzsumme, was kumuliert zu einer spürbaren Verknappung und Verteuerung von US-Dollarliquidität führte. Die Verzögerung der Zinsnormalisierung in der EU und Japan führte aber auch zu einer Ausweitung der Zinsdifferenz zum und zu einer Aufwertung des US-Dollar gegen Euro und Yen. Vor dem Hintergrund sehr hoher, oft variabler Verschuldung wird das Jahr 2019 von den Mühen individueller, kooperativer und staatlicher Schuldner insbesondere niedriger Bonität geprägt sein, ihre Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Hier sei daran erinnert, dass Zahlungsausfälle per se deflatorisch wirken und regelmäßig das Zeug haben, Eigendynamik zu entwickeln. Ein Anstieg der Renditen bei Risikoanleihen gibt einen ersten Vorgeschmack auf das Unausweichliche: den Abschwung des Kreditzyklus!

 

Dessen Einfluss auf das Shale-Öl-Wunder vor allem in den USA wird zu einem Stresstest der entsprechenden Finanzierungen führen. Denn rund 75 % dieser Ölgesellschaften machten bisher nie einen Cent Nettogewinn, was deren Fortführung bei einem Ölpreis von unter 45 US-Dollar zu einem ökonomischen Blindflug mit vielen Luftlöchern macht.

 

Die Reaktion der Aktienmärkte blieb ebenfalls nicht aus. Die negative Wertentwicklung wurde untermauert durch eine strukturelle Schwäche der Marktindikatoren wie Volatilität, Kredithebel und Divergenzen, was auch die Chartentwicklung mit ihren Umkehrformationen untermauert. Interessant war hier, dass die Schwäche bei Aktien nicht zu einem gleichstarken Zufluss bei Anleihen führte, die Märkte demnach in Anleihen Risiken einpreisen, die einem einfachen Risk-off-Reflex zuwiderlaufen. Die spannende Frage, die darin für 2019 steckt, ist nun aber: Ab welchem Kursniveau bei Aktien und welcher realen Wachstumsschwäche wird die US-Notenbank einen Kurswechsel einleiten und in den Krisenmodus zurückkehren? Da Präsident Trump den Aktienaufschwung zu dem seinen gemacht hat, wird er deshalb maximalen Druck entwickeln, um ihn zu retten. Damit ist eine Konfliktlinie für 2019 mit der US-Notenbank vorgezeichnet!

 

Ein Blick zurück nach Europa: Das Gezerre um den Brexit wird bereits Mitte Januar in London wieder auf der Tagesordnung stehen und bis Ende März Großbritannien und der EU auf den Magen schlagen. Tief sitzende Ängste von Souveränitätsverzicht und Überfremdung stehen gegen Weltoffenheit und Gewinne aus politischer sowie ökonomischer Kooperation, verkompliziert durch innenpolitische Konflikte auf beiden Seiten der Barrikade. Je weniger eine politische Lösung Wachstumspotenziale sichern kann, umso schwächer dürfte das britische Pfund werden, positives Überraschungspotenzial inklusive!

 

Die Entwicklung des Euro war im Jahr 2018 unter anderem durch die Querelen der EU mit der neuen italienischen Regierung geprägt, die das populistische Potenzial einer zunehmend erpresserischen Europapolitik nutzt. In Frankreich verlor Präsident Makron viel von seiner politischen Strahlkraft. Und in Deutschland ersetzt die taktisch optimierte Machtregulierung von Noch-Kanzlerin Merkel weder die Lösungssuche strategischer Zielkonflikte Deutschlands noch die Schaffung geringerer Sensitivität eines stark exportbasierten Wachstumsmodells, welches Deutschland zu einem der potenziellen Hauptverlierer einer abnehmenden Wachstumsdynamik des Welthandels macht.

Die Währungen der Emerging Markets litten größtenteils unter der US-Geldpolitik als auch unter ihren hausgemachten strukturellen Schwächen. Im Ergebnis gaben diese teilweise deutlich nach. Hier standen vor allem die Türkei, Russland, Pakistan, Argentinien und Brasilien im Zentrum des Interesses. Letzteres steht auch für eine politökonomische und soziale Zerreißprobe mit ungewissem Ausgang, was je nach Szenario und Rückkopplung 2019 ganz Lateinamerika prägen könnte.

 

Und da ist dann noch China, was im neuen Jahr durchaus das Zeug hat, zu einem Hot Spot zu werden. Die volkswirtschaftlichen Daten, die man schon mit Vorsicht genießen sollte, zeigen eine rasante Abnahme der ökonomischen Wachstumsdynamik an. Und der chinesische Aktienindex Shanghai Composite erzielte nach 2008 die zweitschwächste Performance seines Bestehens. Zur Relativierung der Bedeutung des Aktienmarktes für den chinesischen Normalverbraucher sei erwähnt, dass rund 75 % seines Vermögens in Immobilien stecken, was gleichzeitig die Bedeutung der Immobilienpreise für die Stabilität des Konsums zeigt. Das exportgetriebene Wachstumsmodell ist mit der neuen Außenwirtschaftspolitik von US-Präsident Trump unter starken Stress gekommen, und damit potenziell auch die politische Legitimation von Präsident Xi. Für das Jahr 2019 also genug Lösungsdruck, für nachhaltiges Wachstum zu sorgen und mindestens auf 2 Hochzeiten gleichzeitig zu tanzen. Es wäre aber nicht das erste Mal in der Geschichte Chinas, dass ökonomische Ziele politischem Machterhalt geopfert werden. Ein Wachstumseinbruch würde allerdings auf die entsprechenden Rohstoffpreise wie Kupfer und Aluminium drücken. Eine Abwertung des chinesischen Yuan zum US-Dollar über 7:1 wäre zudem ein Brandbeschleuniger vor allem für die Handelspolitik der USA gegenüber China.

 

Die Edelmetalle entwickelten sich 2018 in diesem Umfeld unterschiedlich, was auch an individuellen Treibern für ihre Wertentwicklung lag, vor allem auf der Angebotsseite und auf dem Terminmarkt. Gold befindet sich weiter in seiner seit April 2013 laufenden Bodenbildung. Silber zeichnet diese Entwicklung verstärkt nach und hat ein anderes, jedoch ähnliches Konsolidierungsmuster ausgebildet. Platin befindet sich ebenfalls in der Bodenbildung nahe seines 10-Jahrestiefs aus dem Jahr 2008. Das ertragreichste Edelmetall war 2018 denn auch Palladium, welches ein neues Allzeithoch erreichte. Alle genannten Edelmetalle sind aus verschiedenen Gründen im Jahr 2019 ein lohnendes physisches Investment, auch wenn Palladium insbesondere zu seinem relativen Substitut Platin sehr teuer geworden ist und deshalb eine Konsolidierung wahrscheinlich ist. Verstärkte Turbulenzen an den Kredit- und Devisenmärkten sind potenziell Rückenwind für Edelmetalle. Ein stärkerer US-Dollar als Gegenargument gegen ein diesbezügliches Engagement gilt zudem nur so lange, wie die negative Korrelation zwischen diesen anhält.

 

Fazit: Jenes, was 2018 überraschend (noch) nicht passierte, wird 2019 nicht nur statistisch wahrscheinlicher. Denn der kombinierte Gegenwind aus Überschuldung, der Überbewertung vieler Vermögenswerte und möglichen Politikfehlern, gepaart mit der zunehmenden Salonfähigkeit rücksichtsloser kompetitiver Strategien gegenüber kooperativen destabilisieren Wachstums- und Gewinnerwartungen. Ein Ende der seit 2008 laufenden Wachstumsphase im Jahr 2019 in den USA wäre auch das Ende des schwächsten und gleichzeitig längsten Wirtschaftsaufschwungs in der US-Geschichte. Das Schlingern der weltweiten Notenbankpolitik zwischen den Inflations- und Deflationsklippen dürfte das kommende Jahr weiter prägen und den Wert realer Vermögenswerte ohne Gegenparteienrisiko weiter steigen lassen.

 

01.01.2019 - Arndt Kümpel - a.kuempel@emh-group.de

 

 

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