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Stürmischer Jahresbeginn

Ein Marktbericht von Arndt Kümpel

Die erste Handelswoche des neuen Jahres begann, wie die letzte des alten Jahres geendet hatte – stürmisch! Geprägt worden war letztere durch eine Mischung aus steuerinduzierten Jahresendgeschäften, der Unsicherheit über die Marktsensitivität der US-Notenbankpolitik sowie der mehr oder weniger algorithmengetriebenen Reaktion auf die charttechnische Gefährdung der großen US-Aktienindizes am Weihnachtstag.

 

Das neue Jahr begann denn auch mit dem Aufkehren der markttechnischen Scherben, und die Unsicherheit war nach wie vor groß, wie die Volatilitätsindizes zeigen. Die folgende Seelenmassage durch die Politik verfehlte zumindest kurzfristig seine Wirkung nicht: Der VIX-Index war in der Weihnachtswoche in der Spitze auf über 36 Punkte gestiegen, ging aber im Wochenverlauf auf 21,38 Punkte zurück. Ebenso der VDAX: Dieser hatte zuletzt noch auf einem Hoch bei 25,92 Punkten notiert, schloss die abgelaufene Woche aber mit einem Stand von 21,48 Punkten. Die sinkende Volatilität verlieh schließlich den Aktienindizes Rückenwind. Ob dies mehr ist als eine technische Reaktion auf die starken Verluste der Vorwochen, bleibt aber einstweilen abzuwarten.

 

Interessant war auch die Dynamik, mit der die zehnjährige US-Staatsanleihe auf eine Rendite von 2,66 % zurückfiel, nachdem sie Anfang Oktober noch 3,23 % betragen hatte. Die Anleihemärkte sehen anscheinend das Ende der Zinserhöhungen am Horizont, auch wenn die aktuelle Rhetorik von Jerome Powell dem noch nicht entspricht. Ein Anfang wurde diese Woche gleichwohl gemacht. Der US-Notenbankchef erklärte, das FED werde mit den geplanten Zinserhöhungen 2019 nichts überstürzen und flexibel reagieren. Man entscheide ja ,,data dependent‘‘ und nicht ideologisch, und signifikanter Inflationsdruck sei trotz des dynamischen Lohnanstiegs nicht auszumachen. Schließlich habe man ein duales Mandat aus Inflationssteuerung und Wirtschaftsförderung. Zugleich erklärte er in Anwesenheit seiner beiden Vorgänger, er werde einer möglichen Aufforderung von US-Präsident Trump zurückzutreten nicht Folge leisten. Das war mal klare Kante und wohl auch bitter nötig, denn offensichtlich will man Trump die Erwartungssteuerung bezüglich des öffentlichen Gutes ,,Vertrauen in die Notenbank‘‘ nicht überlassen.

 

Auf der anderen Seite des Pazifik ging die rasante Verschlechterung der Wirtschaftsdaten in China mit einer leichten geldpolitischen Lockerung einher und wurde allenthalten begleitet von neuen Wirtschaftsgesprächen mit den USA sowie lauter werdendem sicherheitspolitischen Säbelrasseln von Präsident Xi. Der Stresstest für die Kontrollillusion der chinesischen Staatsführung steht jedoch noch aus, ökonomisch wie politisch.

 

Europa begann das neue Jahr eher mit einem ökonomischen Silvesterkater. Reformen scheinen überwiegend nicht (mehr) mehrheitsfähig zu sein, vor allem in Frankreich und Italien. In Griechenland verteilt die Regierung vor der kommenden Wahl ungedeckte Schecks und stellt die jahrelangen Reformen im Rahmen der 3 Rettungspakte von insgesamt rund 290 Mrd. Euro infrage. Die Flüchtlingspolitik spaltet die Europäische Union, ob sie diese auch auf Dauer lähmen kann, wird abzuwarten sein. Und da wäre ja dann noch der Brexit. Alles in allem kein wirklicher Rückenwind für die Seele der Marktteilnehmer.

 

Die Edelmetalle konnten von dieser Gemengelage per saldo jedoch weiter profitieren. Gold konnte seine Gewinne der Vorwoche leicht ausbauen, Silber stellte sich per Wochenschluss auf 15,67 USD nach 15,35 USD in der Vorwoche. Palladium erreichte ein neues Allzeithoch bei 1310 USD, während Platin weiter an dem bereits erwähnten charttechnischen Doppelboden bastelt und im Wochenverlauf über 31 USD auf 821,77 USD zulegen konnte. Und das, obwohl der US-Dollar im Wochenverlauf zur Stärke neigte und gegenüber dem Euro von 14,40 auf 13,97 zulegte.

 

Fazit: Die Marktteilnehmer sortierten sich und ihre Portfolien in der ersten Handelswoche, preisten am Anleihemarkt aber eine deutliche Abkühlung der Weltwirtschaft und eine entsprechende Reaktion der Notenbanken ein. Am Ende des Tages darf die geldpolitische Nebelwand allerdings nicht den Blick dafür verstellen, dass Aktien- und Anleihekurse ihren Wert primär nicht durch geldpolitisches Doping erhalten, sondern über realökonomische Fakten wie umsatzbasierte Gewinndynamik und nachhaltigen Cashflow aus dem Kerngeschäft. Gemessen daran und im Lichte des spätzyklischen Charakters des aktuellen Datenkranzes dürften die Märkte auch im weiteren Jahresverlauf noch mehrfach Gelegenheit haben, ihren Glauben an das Happy End zu testen.

 

05.01.2019 - Arndt Kümpel - a.kuempel@emh-group.de

 

 

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