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Pt – absolut schwach - relativ aussichtsreich

Ein Marktbericht von Arndt Kümpel

Die letzten Jahre waren für Platinhersteller wie -investoren eine harte Zeit. Neben dem permanenten Trendfolgegegenwind der Risk-on-Trades, ausgelöst durch die globale Liquiditätsschwemme, brachte der Dieselskandal ab 2015 einen regelrechten Nachfrageschock mit sich, der ab 2017 das bis dahin bestehende weltweite Angebotsdefizit in einen Überschuss verwandelte und den Preis deutlich fallen ließ. Ergebnis: Der World Platinum Investment Council (WPIC), eine 2014 gegründete Vereinigung der südafrikanischen Platinproduzenten, rechnet in seinem Ende November erschienen Quartalsbericht mit einem Angebotsüberschuss von 505.000 Unzen in diesem und 455.000 Unzen im nächsten Jahr. 2016 bestand noch ein Angebotsdefizit von 385.000 Unzen, das sich 2017 in einen Angebotsüberschuss von 285.000 Unzen verwandelte.

 

Ein genauerer Blick auf die Zahlen aber lohnt. Das Angebot soll 2018 um 1 % auf knapp 8 Mio. Unzen sinken, 2019 aber wieder um 2 % steigen. Die Nachfrage soll dieses Jahr um 4 % auf 7,5 Mio. Unzen zurückgehen, 2019 aber wieder um 2 % zulegen. Bei der Schmucknachfrage wird mit einem Rückgang von 2 % auf 2,4 Mio. Unzen in diesem Jahr und mit einem Anstieg um 1 % im nächsten Jahr gerechnet. Und im Automobilsektor wird 2018 ein Nachfragerückgang von 7 % auf 3,1 Mio. Unzen, 2019 aber eine Zunahme um 1 % erwartet. Die Industrienachfrage ohne Autosektor schließlich soll 2018 um 8 % auf 1,83 Mio. Unzen und 2019 um weitere 4 % auf 1,9 Mio. Unzen steigen. Alles in allem soweit ,,no big deal‘‘.

 

Interessanter ist aber schon der Blick auf die Investmentnachfrage, wo die stärkste Änderung der letzten Jahre sichtbar wird: Lag diese 2016 noch bei 535.000 Unzen, so ging sie 2017 um 50 % auf 265.000 Unzen zurück. 2018 wird ein weiterer Rückgang um 53 % auf 125.000 Unzen erwartet, 2019 aber ein Anstieg um 100 % auf 250.000 Unzen. Eine naheliegende Erklärung der sinkenden Nachfrage ist aus Sicht der durch die negativen Schlagzeilen des Dieselskandals verstärkten charttechnischen Trendfolge nur konsequent. Und so überrascht ein Vergleich der Wertentwicklung mit den anderen Edelmetallen nicht: Während Platin in den letzten 5 Jahren um über 40 % und damit stärker als Silber gefallen ist, legte Palladium im gleichen Zeitraum um über 60 % zu. Zudem notiert der Platinpreis aktuell um 66 % unter seinem Allzeithoch von 2.302 US-Dollar aus dem Jahr 2011!

 

Dies ist jedoch auch gleichzeitig die gute Nachricht, denn gerade diese Underperformance ist ein relatives Argument für Platin. Und ein Blick auf das Gold-Platin-Verhältnis zeigt: Mit einem aktuellen Verhältnis von 1,6 ist Platin gegenüber Gold so preiswert wie noch nie in den letzten 50 Jahren.

 

Ein weiterer möglicher Treiber für Platin ist das Palladium-Platin-Verhältnis, da ein Kursanstieg des Schwestermetalls den relativen Substitutionsdruck und damit die Nachfrage erhöht. Das geopolitische Risikoprofil des Platinangebotes mit seinem Defacto-Monopolisten Südafrika und dem unterstützenden Zweiten Russland, die zusammen auf über 80 % der Weltförderung kommen, spielt hier eine nicht zu unterschätzende strategische Rolle.

 

Das Interesse Südafrikas an einem höheren Platinpreis sollte spätestens dann spürbarer werden, wenn die im Zuge der derzeitigen Politik durchgeführten Löhnerhöhungen der Bergarbeiter den Währungsvorteil des schwächeren südafrikanischen Rand aufgezehrt haben. Dann ist eine selbstbewusstere Angebotspolitik eine reale Option, die einen aktuellen Angebotsüberschuss schnell und deutlich verringern kann.

 

Des Weiteren kann ein steigender Ölpreis die relative Attraktivität von Platin stark beeinflussen. Wenn es zu einem Trendwechsel bei Platin kommt, wären trendfolgende Anleger nachfragesteigend. Eine Kombination aus ansteigender Investmentnachfrage und steigenden Energie- und Produktionskosten kann deshalb trotz andauernder Nachfrageschwäche der Autoindustrie schnell einen Preisboden schaffen.

 

Ein Blick auf den Kursverlauf zeigt dabei, dass dies durchaus eine Chance hat. Trotz seines starken Rückganges steht der Platinpreis immer noch über seinem Zyklustief aus der Finanzkrise von 2008, das bei 747,50 US-Dollar liegt, weshalb die Entwicklung seit dem Zyklushoch von 2.302 US-Dollar im März 2008 als Konsolidierung gewertet werden kann. Die Mustervermutung ist, dass der Platinpreis dabei ein fraktales Konsolidierungsmuster gebildet hat, welches seine derzeit kleinste Skale auf Tagesbasis bildet. Dabei entspricht das Zyklustief auf Monatsbasis von 2008 demjenigen auf Tagesbasis vom 16.08.2018 bei 755,76 US-Dollar, welches im weiteren Verlauf nicht mehr unterschritten werden sollte. Diese Vermutung ist aber grundsätzlich so lange charttechnisch lebendig, solange der Platinpreis nicht unter das Zyklustief vom Oktober 2008 bei 747,50 US-Dollar fällt. Im Anschluss an die fraktale Konsolidierung sollte sich ein neuer Aufwärtszyklus etablieren, dessen Signifikanzschwelle bei 877,84 US-Dollar liegt.

 

Fazit: Die Überschussprognose für das Platinangebot steht auf dem tönernen Fundament absolut niedriger Investmentnachfrage. Vor dem Hintergrund zunehmender Alternativlosigkeit bei der Asset Allokation ist jedoch damit zu rechnen, dass Platin relativ und absolut verstärkte Aufmerksamkeit zuteil wird, was das aktuelle Kursmuster unterstützt. Der gegenüber dem potenziellen Diversifizierungsbedarf der Kapitalmärkte verschwindend geringe Platinmarkt von rund 252 Tonnen Platin im Jahr 2019 mit einem aktuellen Gegenwert von 6,36 Mrd. US-Dollar macht deutlich, dass es nicht viel braucht, um den Platinpreis aus seinem Dornröschenschlaf zu wecken.

 

12.12.2018 - Arndt Kümpel - a.kuempel@emh-group.de

 

 

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